Jens Wietschorke
Historisch gesehen sind Hausmeister*innen gatekeepers in einem ganz konkreten Sinne: Im 19. und frühen 20. Jahrhundert gehörte es zu ihren zentralen Aufgaben, die Zugänge zum Haus und seinen halböffentlichen Räumen zu überwachen und zu kontrollieren. Für eine besonders ausgeprägte Tradition der ›Hausmeisterwirtschaft‹ ist die Stadt Wien bekannt: Hier wurden bis 1922 die Haustore um 22 Uhr verschlossen; wer nach dieser Uhrzeit seine Wohnung betreten wollte, benötigte entweder einen eigenen Hausschlüssel oder musste den sogenannten ›Sperrsechser‹ entrichten, der einen wichtigen Bestandteil des Hausmeistereinkommens darstellte. Ausgehend von einer stadthistorischen Fallstudie zum Wiener ›Hausbesorger‹ werden im Vortrag weiterführende Überlegungen zu den sozialen und kulturellen Logiken des gatekeeping sowie zur Theorie ›intermediärer Figuren‹ wie Diener*innen, Dienstbot*innen, Portiers, Concierges und eben Hausmeister*innen entwickelt.
PD Dr. Jens Wietschorke ist Akademischer Rat am Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der LMU München sowie von 2016-2021 Heisenberg-Stipendiat der DFG am Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u.a. im Bereich der Stadtforschung, der Architektur- und Raumforschung, der Kulturgeschichte sozialer Ungleichheiten, der Anthropologie des Politischen sowie der Wissens- und Wissenschaftsgeschichte.
Ausgewählte Publikationen: »Negotiating Intermediate Spaces: Caretakers, Doormen, and Concierges: Negotiations of Intermediate Spaces«, in: J. Eibach, M. Lanzinger (Hg.), The Domestic Sphere in Europe (16th to 19th Century), London 2020 (im Druck); »Vigilanz und Schlüsselgewalt. Der Wiener Hausmeister und die Regulation urbaner Durchgangsräume«, in: Historische Anthropologie 27/2 (2019), S. 164-191; »Urbane Volkstypen. Zur Folklorisierung der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert«, in: Zeitschrift für Volkskunde 110/2 (2014), S. 215-242.
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